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Friedensgottesdienst 16. September 2001 in Lieme Ablauf - Eingangsgebet - Predigtmeditation - Fürbitte Im Chorraum sind brennende Kerzen als Kreuz gelegt OrgelvorspielVotum – Begrüßung mit Einstimmung
Ihm Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.Ich erinnere uns an den Wochenspruch der vergangenen Woche aus Matth. 25,40:
Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Wir hören, dass Gott sich in Jesus Christus identifiziert mit dem, was wir einander antun oder schuldig bleiben,
wie auch mit der Hilfe und Anteilnahme, die wir einander gewähren.Wir teilen miteinander das Entsetzen, die Wut und auch die Angst ob der Terroranschläge. Wir nehmen Anteil an der Trauer der Angehörigen aller Opfer.
Wir bekunden unsere Friedenssehnsucht. Und gegen das Gefühl der Ohnmacht rechnen wir mit der Kraft des Gebetes.
1. Lied: 678,1-4 Wir beten für den Frieden (Melodie: 361) Psalmlesung 775
(nach Psalm 11)
Eingangsgebet Herr, unser Gott,bestürzt und besorgt, angerührt und aufgewühlt, mitfühlend und überfordert,
mit all den Eindrücken der vergangenen Woche so kommen wir hier zusammen. Wir suchen deine Nähe, wir brauchen deine Zuwendung, wir halten fest an deiner Verheißung des Friedens
die weiter reicht als unsere menschliche Vernunft. Amen. Predigtmeditation Liebe Gemeinde, wir haben sie im Kopf die vielfachen Wiederholungen der Bilder des Schreckens, die unzähligen Kommentare, die Fragen und Meinungen,
die Verlautbarungen und Ankündigungen - wie die Befürchtungen und Appelle,aber auch die Gespräche in den Familien, mit Nachbarn, Kolleginnen und Freunden,
die Eindrücke von Schweigeminuten, Gottesdienste und Solidaritätsbekundungen, über die berichtet wurde oder an denen wir selbst schon teilgenommen haben.
Und es ist schon bald viel zu viel, aber auch immer noch nicht genug. Wie sollen wir umgehen mit etwas, das nicht sein dürfte und nicht sein soll – und doch geschehen ist? Wir feiern Gottesdienst.
Unsere Eindrücke, unser Mitgefühl und unsere Angst bringen wir vor Gott. Wir erfassen deutlicher als sonst, dass wir uns nicht selbst genügen nicht selbst Antwort sein und geben können,
wenn erschüttert wird, was wir für fest und sicher halten und wenn fundmentale Grundwerte der Menschlichkeit von Menschen verachtet und niedergerissen werden. Wir wissen,
Gott wird uns nicht als anspruchsloser Lückenbüßer oder angenehmes Trostpflaster dienen. Er entlässt niemanden aus der Aufgabe, diese Welt zu gestalten. Wir wissen aber auch,
Gott wird nicht überhören, was wir ihm zu sagen haben, er wird nicht schweigen, wenn wir ihn fragen, und er wird uns nicht seine Hilfe verweigern, wo wir ihn um Hilfe bitten. Und eben das tun wir in diesem Gottesdienst. Ich werde keine Predigt im üblichen Sinne halten, sondern möchte einiges aus der Fülle dessen, was uns bewegt, versuchen in Worte zu fassen
, mit ihnen singen
- und gemeinsam der Stille Raum lassen. Möge Gott uns hören und
antworten und beistehen, darum singen wir mit Lied 178.11: Herr, erbarme dich (3x) 1 Minute Stille
Überall in unserem Land, in vielen anderen Ländern und auch im Internet gibt es Kondulenzbücher in die Menschen eingetragen haben, was sie bewegt. In einem lese ich z.B.: Meine tiefe Anteilnahme gilt all den Angehörigen der Opfer; zum einen der Passagiere, der Angestellten und Arbeiter im World Trade Center und der Rettungskräfte,
die sich immer noch in Lebensgefahr begeben, um Verschüttete zu retten. Ich kann nur ganz entfernt ahnen, was in den Angehörigen vor sich geht,
jetzt wo der erste Schock abklingt und der Schmerz sich in das Bewusstsein bohrt. Niemand kann ihnen diesen Schmerz abnehmen. Niemand kann ihn wegtrösten. Paulus sagt einfach: Weint mit den Weinenden.
Und ich spüre welche Kraft ausgeht von den vielen Gesten der Anteilnahme, wo Menschen in diesen Tagen, sich dieser Tränen nicht geschämt, Blumen niedergelegt und Kerzen angezündet haben.
Möge den Angehörigen und Freunden der Opfer auch in den kommenden schweren Wochen achtsame Aufmerksamkeit begegnen und respektvolle Behutsamkeit, damit ihre Wunden heilen können.
Lassen sie uns singen mit Lied 178.11: Herr, erbarme dich (3x) und
an die Angehörigen und Freunde der Opfer denken. 1 Minute Stille
Auch im Konfirmandenunterricht haben die Konfirmanden sich geäußert.
Eine formuliert, was wir uns wohl alle fragen:
Wie kann man nur etwas so grausames tun?
Die Frage muss so stehen bleiben. Mögen wir auch Zusammenhänge erkennen und beschreiben können, Terror kann kein Verständnis für sich in Anspruch nehmen.Ein anderer fragt weiter:
Wieso tun diese Menschen das und sagen dann auch noch für Gott? Und warum hat Gott das zugelassen?
Ja, diese Fragen müssen gestellt werden. Ja, wir müssen uns fragen, gibt es eine religiöse Rechtfertigung für terroristische Gewalt?Nein, - nicht im Christentum! Nein, - auch nicht im Islam!
Und dennoch erleben wir, es gibt sie. Es gibt eine Religion des Hasses. Sie predigt Hass, sie schürt Hass, sie lebt Hass. Und sie missbraucht dabei sogar noch Gottes heiligen Namen.
Wir kennen die Gläubigen Anhänger der Religion des Hasses, innerhalb der Geschichte des Christentums, wie des Islams. Wenn sich Protestanten in Irland katholischen Kindern und ihren Eltern in den Schulweg stellen, und sich
noch als Christen wähnen, dann missbrauchen sie Gottes Namen. Wenn Muslime den heiligen Krieg predigen, dann missbrauchen sie Gottes Namen. Und wenn wir uns fragen, warum lässt Gott das zu, dann mag es uns manchmal schier unerträglich vorkommen,
dass Gott uns sogar die Freiheit lässt zu hassen. Aber im dritten Gebot lässt er keinen Zweifel daran: “
Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.” Ex.20.7 Mögen wir den Ernst dieses Gebotes erkennen, und im Angesicht des Hasses immer auch die Abwesenheit der Liebe vermissen.Lassen sie uns singen mit Lied 178.11: Herr, erbarme dich (3x) und für die Menschen bitten, die vom Hass beherrscht werden. 1 Minute Stille
Immer wieder wird eine Frage unter uns gestellt, die auch die Jugendlichen sehr beschäftigt:
Wird es jetzt Krieg geben?
Werden unbesonnene Reaktionen, der Ruf und der Wille zur Vergeltung nicht zu weiterer unkontrollierter Gewalt führen, statt sie einzudämmen?
Die Wut über das unfassbare Unrecht, ist kein guter Ratgeber. Die Angst vor Krieg und Auseinandersetzung aber auch nicht.Lässt sich Gewalt und Hass überwinden,
ohne sich selbst davon anstecken zu lassen oder die Augen davor zu verschließen? Paulus wusste eine ganz einfache und sehr konkrete Antwort darauf. :
Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. (Römer 12, 21) Dennoch ist gerade das Einfache nicht gleich leicht.
Verstand und Augenmaß – genauso wie Mut und Engagement, und sehr viel Heiliger Geist sind nötig, um jetzt die richtigen Schritte tun zu können.Lassen sie uns dazu singen Lied 679 – und richte unsere Füße (3x) und die Politiker in diese Bitte mit einschließen. 1 Minute Stille
In den Nachrichten hören wir alarmierende Meldungen:
Moslemische Gruppen berichteten am Donnerstag von mehr als 100 Übergriffen. US-Zeitungen meldeten eingeschlagene Fenster und hinterlassene Todesdrohungen in Moscheen und Läden,
islamische Zentren seien mit hasserfüllten Graffitis beschmiert worden. Aus unser eigenen und auch jüngsten Vergangenheit wissen wir,
wie leicht der Funke des Hasses überspringt. Nicht nur die Politiker, jeder und jede von uns kann sehr konkret dazu beitragen, für den Weltfrieden einzutreten.
Denn der Weltfrieden beginnt schon bei der Tür unserer Nachbarin und Arbeitskollegen, unabhängig zu welcher Hautfarbe, Nationalität oder Weltreligion sie oder er zählt.Lassen sie uns singen Lied 679 – und richte unsere Füße (3x) und insbes. unsere muslimischen Mitbürger in diese Bitte mit einschließen. 1 Minute Stille
Liebe Gemeinde, noch vieles ist unausgesprochen oder nicht angesprochen. So vieles das uns zu Recht Sorgen macht und unsere Aufmerksamkeit fordert.
Unter dem Ernst und der Last der Ereignisse mag es uns manchmal scheinen, als hätte Gott die Welt sich selbst überlassen und uns vergessen. Dietrich Bonhoeffer hat in der Jahreswende von 1942 auf 1943
als die Welt und sein Leben bedrängt war von Bosheit, Gewalt und Verbrechen etwas geschrieben, das ich uns heute in Erinnerung bringen möchte:
„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten Gutes entstehen lassen kann
und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will,
wie wir brauchen, aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.
Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind. Und dass es Gott nicht schwerer ist mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“
Lassen sie uns noch einmal singen Lied 679 – und richte unsere Füße (3x)
Fürbitte mit Lied: 178.12 Kyrie Gott, auch in der Not und Bedrängnis der Ereignisse,
halten wir uns an deine Barmherzigkeit und bitten dich um deinen Beistand.Wir denken an Mütter und Väter, die ihre Kinder verloren haben. und rufen zu Dir: Kyrie ... Wir denken an Kinder, die ihre Eltern nie wiedersehen werden. und rufen zu Dir: Kyrie ... Wir denken an alle, die Freunde und Arbeitskollegen verloren haben. und rufen zu Dir:
Kyrie ...
Wir denken an die unzähligen Verletzten, die Wunden nicht nur an ihren Körpern tragen und rufen zu Dir: Kyrie ... Wir denken an die Helfer, die Bilder des Schreckens so weit an sich heranlassen und rufen zu Dir:
Kyrie ... Wir denken an die Entscheidungsträger, dass sie für Gerechtigkeit eintreten, aber nicht der Rache erliegen und rufen zu Dir:
Kyrie ...
Wir denken an die Muslime, die bedroht sind Opfer zügelloser Wut zu werden und rufen zu Dir: Kyrie ... Wir denken an die Täter, die vom Hass beherrscht so unfassbar gehandelt haben und rufen zu Dir: Kyrie ...
Mit Sorge bedenken wir, was die Zeit nun bringen wird, du aber bist unsere Hoffnung, zu Dir rufen wir: Kyrie ... Vater unser
Lied: 607,1-4 Herr, wir bitten, komm und segne uns SegenOrgelnachspiel [
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